Eigentumsdebatte
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KLARTEXT 7­8/2007
EIGENTUM SCHÜTZEN ­ EIGENTUM FÖRDERN
Mehr Eigentum gibt jedem
Einzelnen mehr Freiheiten
Für eine ausgewogene
Finanzpolitik aus Sparen,
Investieren und Entlasten
Von Erwin Huber
Privateigentum ist eine wichtige
Grundlage für persönliche Frei-
heit, ist Quelle von Wohlstand
und Sicherheit. Eigentum schafft
über Zinsen, Mieten und Divi-
denden Einkommen für den Le-
bensunterhalt. Für Arbeitneh-
mer bedeutet Eigentum eine
größere Unabhängigkeit. Es gibt
den Menschen Sicherheit gegen-
über vielfältigen Lebensrisiken.
Eigentum durch eigene Leistung
erwerben und vermehren zu kön-
nen, ist ein Anreiz, sich anzu-
strengen und sich einzusetzen.
Deshalb ist das Eigentum ­ ne-
ben der Freiheit ­ als unbedingte
Voraussetzung unserer Wirt-
schafts- und Gesellschaftsord-
nung im Grundgesetz geschützt.
Es ist bemerkenswert, wenn
selbst Länder wie jüngst die
Volksrepublik China ein ,,erstes
Eigentumsgesetz" verabschieden.
Auch China hat die Rolle des Ei-
gentums als rechtliche Grundla-
ge für einen erfolgreichen Auf-
und Ausbau der Wirtschaft er-
kannt.
Die Nutzung des Privateigentums
ist nach dem Grundgesetz aber
auch an das Allgemeinwohl ge-
bunden. ,,Eigentum verpflichtet.
Sein Gebrauch soll zugleich dem
Wohle der Allgemeinheit dienen",
heißt es in Artikel 14 Grundgesetz.
Das Recht des Menschen auf die
Erträge seiner Arbeit kann damit
eingeschränkt werden. Diese Ein-
schränkung darf aber auch unter
Hinweis auf die Sozialpflichtigkeit
nicht so weit gehen, dass der Be-
griff Eigentum zur leeren Hülse
wird.
Eigentum kann von staatlichen
Maßnahmen auf vielfältige
Weise berührt werden. Gerade
die Steuerpolitik agiert im Span-
nungsfeld zwischen der priva-
ten Nutzung des Eigentums und
der notwendigen Finanzierung
öffentlicher Aufgaben. Aktuell
ist die Reform der Erbschaft-
steuer steuerpolitisch von be-
sonderem Interesse.
Die Bayerische Staatsregierung
kämpft seit langem dafür, Unter-
nehmensnachfolgen erbschaft-
steuerlich zu erleichtern und den
Generationenwechsel in mittel-
ständischen Unternehmen zu
unterstützen. Wir wollen die Fort-
führung kleiner und mittelständi-
scher Unternehmen sichern und
wettbewerbsfähige Arbeitsplätze
erhalten. Konkret geht es uns da-
rum, die Erbschaftsteuer schritt-
weise innerhalb von zehn Jahren
zu erlassen, wenn das Unterneh-
men durch die Erben fortgeführt
wird.
CDU/CSU und SPD haben sich
im Koalitionsvertrag auf das bay-
erische ,,Abschmelzmodell" ver-
ständigt. Auf dieser Grundlage hat
die Bundesregierung ein Gesetz
zur Erleichterung der Unterneh-
mensnachfolge beschlossen. Ins-
gesamt sehe ich im vorliegenden
Gesetzentwurf einen akzeptablen
und tragfähigen Kompromiss.
Wenn dieser Gesetzentwurf um-
gesetzt wird, haben wir einiges
zur Erhaltung unternehmerischer
Substanz in Deutschland und
Bayern erreicht.
Das Urteil des Bundesverfas-
sungsgerichts vom Januar 2007
zum Bewertungsrecht hat die
Umsetzung der Erbschaftsteuer-
reform zwar schwieriger ge-
macht. Das Gericht räumt dem
Gesetzgeber aber ausdrücklich
die Möglichkeit ein, bestimmte
Vermögen aus Gründen des Ge-
meinwohls mehr oder weniger
stark von der Erbschaftsteuer zu
verschonen. Damit bleibt der
Weg frei, Unternehmensnachfol-
gen erbschaftsteuerlich zu er-
leichtern. Wir halten am Ziel,
Unternehmenssubstanz vor der
Auszehrung durch Erbschaftsteu-
er zu schützen, fest.
Im Zusammenhang mit der
Erbschaftsteuerreform wird aber
auch gefordert, die Erbschaft-
steuer signifikant zu erhöhen.
Das ist für die Staatsregierung
nicht akzeptabel. Weitere mas-
sive Belastungen von Immobi-
lien- und Betriebsvermögen
mit Erbschaftsteuer sind mit
uns nicht zu machen.
Wer steuerlich Hand an die Ver-
mögenssubstanz anlegt, gefähr-
det die Zukunft unseres Landes.
Deshalb haben wir uns auch ge-
gen die Versuche des Bundesfi-
nanzministeriums gewehrt, im
Rahmen der Unternehmensteu-
erreform 2008 die Bemessungs-
grundlage für die Körperschaft-
steuer um substanzbesteuernde
Elemente, wie sie aus der Gewer-
besteuer bekannt sind, zu erwei-
tern. Ich betrachte es auch als ei-
nen Erfolg der bayerischen Poli-
tik, diese Vorstöße erfolgreich
abgewehrt zu haben.
Mit der Senkung der nominalen
Steuersätze und der Verringerung
der Gesamtbelastung der Wirt-
schaft durch die Unternehmen-
steuerreform 2008 werden wir die
Wachstumsbasis in Deutschland
weiter stärken, den wirtschaft-
lichen Aufschwung verstetigen
und die Position Deutschlands im
internationalen Standortwettbe-
werb nachhaltig verbessern. Da-
mit stärken wir vor allem auch die
Eigenkapitalbasis der Unterneh-
men.
Die Förderung von Eigentum mit
steuerlichen Instrumenten be-
trifft natürlich nicht nur den
Unternehmensbereich. Auch das
Privateigentum kann der Staat
durch steuerliche Maßnahmen
fördern. Dazu gehört u. a. auch
eine bessere Beteiligung der Mit-
arbeiter am Kapital ihrer Unter-
nehmen. Hierzu werden derzeit
verschiedene Möglichkeiten und
Modelle diskutiert, wie z. B. eine
verbesserte steuerliche Förde-
rung über erhöhte Freibeträge
oder über eine nachgelagerte Be-
steuerung.
Die Union wird in Kürze ein
Konzept zur Stärkung der sozia-
len Kapitalpartnerschaft vorle-
gen. Über eine stärkere Kapital-
beteiligung der Mitarbeiter kön-
nen und müssen wir die
Einkommen und Vermögen der
Arbeitnehmer auf ein breiteres
Fundament stellen, die Bindung
zwischen Mitarbeitern und
Unternehmen festigen und die
Kapitalbasis der Betriebe stärken.
Mehr Kapital, mehr Eigentum
gibt jedem Einzelnen mehr Frei-
heiten für die persönliche Le-
bensgestaltung. Mehr Kapital,
mehr Eigentum erleichtert uns
die Anpassung an wirtschaftli-
che, demografische und gesell-
schaftliche Veränderungen.
Wer die Eigentumsbasis und die
Vermögensbildung der Bürgerin-
nen und Bürger stärken will, muss
ihnen mehr Spielräume geben
und die Steuer- und Abgabenbe-
lastung langfristig spürbar sen-
ken. Das setzt zunächst solide
Staatsfinanzen voraus. Deshalb
gibt es zu einer konsequenten
Konsolidierung der öffentlichen
Haushalte keine Alternative. Er-
freulicherweise ist die Bundesre-
gierung bei der Konsolidierung
des Bundeshaushalts in den letz-
ten anderthalb Jahren gut voran-
gekommen. Wir reden heute
nicht mehr über immer neue
Haushaltslöcher, sondern über
Steuermehreinnahmen.
Angesichts dieser Haushaltsent-
wicklung plädiere ich für eine aus-
gewogene Finanzpolitik aus Spa-
ren, Investieren und Entlasten.
Der Staat muss die Neuverschul-
Wer die Eigentumsbasis
und die Vermögensbil-
dung der Bürger stärken
will, muss die Steuer-
und Abgabenbelastung
spürbar senken
Präsident Rolf von Hohenhau stellte Wirtschaftsminister Erwin
Huber die ,,Aktion Eigentum" des Bundes der Steuerzahler vor.
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können. Zudem führen die stän-
digen Diskussionen über die
künftige Ausgestaltung der Erb-
schaft- und Schenkungsteuer zu
großen Verunsicherungen bei
den bayerischen Bauernfamilien.
Ein weiteres Beispiel für die man-
gelnde Berücksichtigung der Fa-
milienbetriebe in der aktuellen
Steuerpolitik zeigt die Unterneh-
mensteuerreform 2008, die vor
kurzem im Bundestag verab-
schiedet wurde. Sie zielt in ihrer
Grundkonzeption primär auf Ka-
pitalgesellschaften ab und stärkt
in diesem Bereich die steuerliche
Wettbewerbsfähigkeit des Stand-
orts Deutschland. Kleinere und
mittlere Einzel- und Personen-
unternehmen und damit auch die
meisten bäuerlichen Familienbe-
triebe waren wieder einmal die
Verlierer dieser Reform. Bei ihnen
bestand zunächst sogar die Ge-
fahr, allein an der Gegenfinanzie-
rung beteiligt zu werden und von
den Vorzügen der Reform gar
nichts zu haben. Die Gefahr ei-
ner solchen ,,Mittelstandslü-
cke" konnte zwar im Gesetzge-
bungsverfahren abgemildert,
aber nicht völlig beseitigt werden.
Von einer auch die kleinen und
mittleren Unternehmen stärken-
den Reform kann keine Rede sein.
Aber nicht nur im Steuerrecht,
sondern auch in anderen Berei-
chen wie im Natur- und Umwelt-
schutz scheint der Schutz des
Eigentums an Bedeutung zu ver-
lieren. Anstatt Land- und Forst-
wirtschaft als Partner zu sehen
und Naturschutzkonzepte zu ent-
wickeln, die auch eine konkur-
renzfähige, an den Erfordernissen
des Marktes ausgerichtete heimi-
sche Landbewirtschaftung er-
möglichen, wird durch einseitige
Restriktionen und Auflagen
die unternehmerische Entschei-
dungsfreiheit des einzelnen
Land- oder Forstwirtes einge-
schränkt. Einige wenige Beispiele
mögen dies verdeutlichen.
So werden im Zuge der euro-
päischen Fauna-Flora-Habitat-
sowie der Vogelschutzrichtlinie
landwirtschaftlich genutzte Flä-
chen, auf denen der Landwirt jah-
re- und jahrzehntelang sorgfältig
gewirtschaftet und dabei den Be-
stand an schützenswerter Fauna
und Flora erhalten hat, nun
restriktiv unter Schutz gestellt. Es
scheint, als müsse man die Flä-
chen vor denjenigen schützen,
die den vorgefundenen Zustand
durch ihre Bewirtschaftung erst
geschaffen bzw. erhalten haben.
Von Seiten der Politik wurde zwar
zugesagt, dass in FFH- und Vo-
gelschutzgebieten die bisherige
landwirtschaftliche Nutzung wei-
ter uneingeschränkt möglich sei.
Diese Zusicherung, der viele
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KLARTEXT 7­8/2007
EIGENTUM SCHÜTZEN ­ EIGENTUM FÖRDERN
dung auf null senken und nach
Möglichkeit Schulden zurückzah-
len. Er muss die investiven Mittel-
ansätze wieder stärken. Und ich
bleibe dabei: Wir müssen mittel-
fristig die Bürger weiter von Steu-
ern entlasten. Mit dieser Politik
haben wir in den 80er Jahren
schon einmal beste Erfahrungen
gemacht. Wer mehr Eigenverant-
wortung der Bürger fordert, muss
ihnen die Möglichkeit geben,
durch Kapitalbildung vorzusorgen.
Politik der Staatsregierung war
es immer, Leistungsträger zu
stärken, Investitionen und Ka-
pitalbildung zu fördern und
den Bürgern Freiräume zu ge-
ben. Dabei sind der Schutz und
die Förderung des Eigentums
zentrale Elemente unserer Poli-
tik im Land, im Bund und in der
EU. Diese Politik hat Bayern er-
folgreich gemacht. An dieser
Politik halten wir auch in Zu-
kunft fest.
Schutz des Eigentums
,,Der Schutz des privaten Eigentums ist für den Bayerischen
Bauernverband ­ genau wie für den Bund der Steuerzahler ­
seit jeher ein außerordentlich wichtiges Thema. In der Sat-
zung des Bayerischen Bauernverbandes wird deshalb aus gu-
tem Grund der Schutz des privaten Eigentums ausdrücklich
als eine besondere Aufgabe herausgestellt."
Gerd Sonnleitner, Präsident des Deutschen Bauernverban-
des und Vizepräsident der Europäischen Dachorganisa-
tion, gleichzeitig erfolgreicher Präsident des Bayerischen
Bauernverbandes.
Die Bedeutung des Eigen-
tums für die bayerische
Land- und Forstwirtschaft
Von Gerd Sonnleitner
Der Schutz des privaten Eigen-
tums ist für den Bayerischen
Bauernverband ­ genau wie für
den Bund der Steuerzahler ­ seit
jeher ein außerordentlich wich-
tiges Thema. In § 3 der Satzung
des Bayerischen Bauernverban-
des wird aus gutem Grund der
Schutz des privaten Eigentums
ausdrücklich als besondere Auf-
gabe des Verbandes aufgeführt.
Gerade in Zeiten knapper Haus-
haltskassen nehmen die Begehr-
lichkeiten des Staates immer
wieder das Privateigentum vor-
rangig ins Visier. Als neue Ein-
nahmequelle bietet sich eine
stärkere Belastung des Eigen-
tums an Grund und Boden mit
dem Hinweis auf die besonderen
sozialen Verpflichtungen gera-
dezu an.
Besonders deutlich wird dies bei
der aktuellen Diskussion um
eine Reform der Erbschaft- und
Schenkungsteuer. Vor allem der
Land- und Forstwirtschaft dro-
hen hier gravierende Eingriffe in
die seit Generationen geschaffe-
ne und bewahrte Eigentums-
substanz.
War von der Berliner Regierungs-
koalition zunächst nur eine Re-
form des Erbschaft- und Schen-
kungsteuerrechts mit dem Ziel
einer erleichterten Übertragung
von Betrieben geplant, so steht
nun durch die jüngste Entschei-
dung des Bundesverfassungsge-
richts eine tiefgreifende Gesetzes-
änderung zu erwarten, die am
Ende eine erheblich größere Steu-
erbelastung der Grundstücksei-
gentümer als bisher erwarten
lässt.
Denn das Bundesverfassungsge-
richt hat die bisherigen Bewer-
tungsregeln komplett aus den An-
geln gehoben und vom Gesetzge-
ber eine Neuregelung gefordert.
Die Richter gaben dabei als Ziel
vor, alle Vermögensarten, egal ob
es sich um Geld, Immobilien oder
Betriebe handelt, zunächst mit
dem Verkehrswert anzusetzen.
Derartige Überlegungen geben
besonders für die bayerische
Land- und Forstwirtschaft, aber
auch für alle bayerischen Grund-
stückseigentümer auf Grund der
in Bayern extrem hohen Ver-
kehrswerte Anlass zur Sorge.
Die anfänglichen Hoffnungen
auf eine Abschaffung der Erb-
schaft- und Schenkungsteuer,
ähnlich wie in Österreich, wur-
den jetzt im Keim erstickt. Denn
die Regierungskoalition hat sich
darauf geeinigt, an der Erb-
schaft- und Schenkungsteuer
festzuhalten und daraus min-
destens das bisherige Steuerauf-
kommen zu erzielen.
Ohne ins Detail der gegenwärtig
geführten Debatte gehen zu wol-
len, bleibt aus berufsständischer
Sicht festzuhalten, dass trotz ge-
wisser Rücksichtnahmen auf die
Verhältnisse in der Land- und
Forstwirtschaft die bislang vor-
gebrachten Lösungsansätze bei
weitem noch nicht ausreichen,
um sicherzustellen, dass unsere
Betriebe in einem wirtschaftlich
gesunden Zustand an die nächste
Generation übertragen werden
Gerd Sonnleitner, Präsident
des Bayerischen Bauernver-
bandes: ,,Statt die Land- und
Forstwirtschaft als Partner zu
sehen und Naturschutzkonzep-
te zu entwickeln, die auch eine
konkurrenzfähige, an den Er-
fordernissen des Marktes aus-
gerichtete heimische Land-
bewirtschaftung ermöglichen,
wird durch einseitige Restrik-
tionen und auch Auflagen
die unternehmerische Ent-
scheidungsfreiheit des einzel-
nen Land- oder Forstwirtes
eingeschränkt."
Bei der Reform der Erb-
schaftsteuer drohen der
Landwirtschaft gravie-
rende Eingriffe in die
seit Generationen ge-
schaffene Eigentums-
substanz
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land- und forstwirtschaftliche
Grundeigentümer vertraut ha-
ben, erweist sich jedoch ein ums
andere Mal als falsch. Die Belange
der wirtschaftenden Eigentümer
rangieren nur noch unter ,,ferner
liefen".
Auch die europäische Wasser-
rahmenrichtlinie (WRRL) lässt
erhebliche Auswirkungen auf
das Eigentum befürchten. Über
spezifische Bewirtschaftungs-
pläne soll der Gewässerschutz
verbessert und der Zustand pro-
blematischer Oberflächenge-
wässer saniert werden. Ein gro-
ßer Teil der reglementierenden
Maßnahmen zielt dabei auf die
landwirtschaftliche Bewirtschaf-
tung ab, obwohl die Verursa-
chung nicht bei der Land- und
Forstwirtschaft liegt.
Ähnlich verhält es sich mit dem
Ansinnen, eine europäische Bo-
denschutzrichtlinie zu erlassen,
ein völlig überflüssiger Aktio-
nismus der Brüsseler Bürokratie.
Ohne nachvollziehbaren Anlass
werden Landwirte gegängelt
und der Steuerzahler zur Kasse
gebeten. Dabei sind unsere
Land- und Forstwirte auf Grund
ihrer hervorragenden Ausbil-
dung bestens in der Lage, mit
dem von ihnen bewirtschafteten
Grund und Boden sorgfältig und
verantwortungsbewusst umzu-
gehen, um ihn in seiner Nut-
zungsvielfalt und langfristigen
Ertragskraft für die kommenden
Generationen zu erhalten.
Als Letztes gilt es noch ein uner-
freuliches Resümee zu ziehen.
Gerade in einer Zeit, in der ­ wie
die Beispiele belegen ­ in vielfälti-
ger Art das private Grundeigen-
tum für alle möglichen Belange
der Allgemeinheit in Anspruch
genommen wird und an sich zu-
lässige Nutzungen unterbunden
oder beschränkt werden, verblei-
ben diese Belastungen zuneh-
mend beim Eigentümer. Aus-
gleichs- und Entschädigungsan-
sprüche werden politisch und in
der Rechtsprechung der damit
befassten Gerichte immer häufi-
ger und immer drastischer auf
dem Altar der Sozialpflichtigkeit
und des Gemeinwohls geopfert.
Verkannt wird, dass gerade die
land- und forstwirtschaftliche
Nutzung nicht einer Liebhaberei
dient, sondern zum einen Le-
bens- und Existenzgrundlage der
bäuerlichen Familien ist und zum
anderen die Ernährungsgrundla-
ge der Bevölkerung sicherstellt.
Eigentum als Basis mittel-
ständischer Selbständigkeit
Von Professor Dr. Eberhard Hamer
Die im Mittelstandsinstitut Han-
nover entwickelte neue Mittel-
standsökonomie definiert den
gesellschaftlichen Mittelstand als
,,Träger von Führungs- und Ver-
antwortungsfunktionen sowie
von Entscheidungskompetenzen"
in zweierlei Positionen: der Selb-
ständigkeit und der Fremdverant-
wortung. Der Selbständige trägt
als selbständiger Unternehmer
(selbständiger Mittelstand) Ei-
genverantwortung für sein eige-
nes Leben, seinen Betrieb, seine
Mitarbeiter. Er ist die einzige ge-
sellschaftliche Gruppe, die volles
und unbeschränktes Haftungsri-
siko für eigenes Handeln und für
alle betrieblichen Risiken trägt.
Daneben gibt es angestellte Ent-
scheidungs- und Verantwor-
tungsträger (fremdverantwort-
licher Mittelstand), welche in
fremdem Auftrage Führungs- und
Entscheidungsfunktionen aus-
üben wie z. B. entscheidungsbe-
rechtigte Beamte oder Angestell-
te. Für beide Mittelstandsgrup-
pen spielt das Eigentum eine
besondere ­ allerdings unter-
schiedliche ­ Rolle in wirtschaft-
licher wie in gesellschaftlicher
Hinsicht, wobei das Eigentum
für den fremdverantwortlichen
Mittelstand als Frucht seiner Leis-
tungserträge eine abgeleitete, de-
rivative Bedeutung als Sicherung
seines Wohlstandes und seiner
gesellschaftlichen Bedeutung hat
wie z. B. die eigene Wohnung
oder das eigene Haus als Basis
seiner Lebensführung, weiteres
rentierliches Immobilienvermö-
gen oder Wertpapiere als Vermö-
gensanlagen und Quelle von
Zusatzertrag. In einer Marktwirt-
schaft ist qualitative oder quanti-
tative Mehrleistung regelmäßig
auch mit mehr Ertrag verbunden.
Und dieser Mehrertrag bedeutet
eine entsprechend höhere Er-
sparnisquote, die wiederum als
Investition zu Zusatzerträgen,
also mehr Wohlstand und mehr
Existenzsicherung führt. Deshalb
haben die ,,Besserverdienenden"
im Laufe ihres beruflichen Lebens
auch in der Regel entsprechendes
Eigentum ist im Be-
reich des Mittelstandes
ein aus entsprechen-
der Mehrleistung erar-
beiteter Vermögenszu-
wachs
Grund- oder Finanzeigentum an-
gesammelt und daraus zusätzli-
che wirtschaftliche Absicherung
und entsprechende gesellschaftli-
che Lebensführungs- und Wir-
kungsmöglichkeiten gewonnen.
Eigentum ist also für den fremd-
verantwortlichen Mittelstand ein
aus entsprechender Mehrleistung
erarbeiteter Vermögens-, Ein-
kommens- und Bedeutungszu-
wachs. Die größte existenzielle
Bedeutung hat Eigentum aber seit
jeher für die kleine Gruppe der ca.
vier Millionen Selbständigen in
unserer Gesellschaft, den eigent-
lichen wirtschaftlichen Mittel-
stand. Selbständigkeit lohnt nur
dann, wenn man sich eine besse-
re Existenzsicherung dabei auf-
bauen kann als sie andere in ab-
hängiger Stellung erreichen kön-
nen. Der Wunsch nach Gewinn
und Wohlstand ist in der Regel
der Grund selbständiger Exis-
tenzgründung. Ohne Eigentums-
garantie fällt nicht nur der Grund
für die Existenzgründung weg,
sondern auch die Motivation,
sich als Selbständiger weiter mit
den Behörden, mit den Sozial-
funktionären, mit den Finanzäm-
tern, Kunden und Lieferanten
täglich mehr als 12 Stunden he-
rumzuärgern, statt wie ein abhän-
gig Beschäftigter nur nach Ge-
werkschaftsnorm zu leisten. Im
Unterschied zu den Kapitalgesell-
schaften und öffentlichen Betrie-
ben mit ihrem Kollektiveigentum
und ihrer Haftungsbegrenzung
auf dieses Kollektiveigentum ste-
hen die mittelständischen Unter-
nehmer als Person und mit ihrem
Individualeigentum allein und
könnten in den meisten Fällen
ihre Selbständigkeit und ihren
Betrieb nicht weiterführen, wenn
ihnen das Eigentum an ihrem Be-
trieb entzogen oder durch büro-
kratische Auflagen so reduziert
würde, dass sie nicht mehr frei
darüber entscheiden dürften. Die
Mittelstandsökonomie geht da-
von aus, dass bei den typischen
Inhaberbetrieben die Person des
Unternehmers ­ auch Freiberuf-
lers ­ die wichtigste Erfolgsgröße
ist. Ein starker Unternehmer wird
auch einen starken Betrieb brin-
gen, ein schwacher Nachfolger
diesen entsprechend reduzieren.
Dazu aber braucht jeder Unter-
nehmer für seine Produktion oder
Dienstleistung die beiden ande-
ren Produktionsfaktoren Boden
Grundeigentum ist in
der Regel die Voraus-
setzung für die Kredit-
fähigkeit und für den
Betrieb eines mittel-
ständischen Unterneh-
mens
Ausgehöhltes Eigen-
tumsrecht
Rechtsanwalt Professor Dr.
Eberhard Hamer, Leiter des
Mittelstandsinstituts Nieder-
sachsen, unterstützte bereits
als Gastautor von ,,Klartext"
wissenschaftlich untermauert
die Privatisierungsinitiativen
des Bundes der Steuerzahler in
Bayern. Sein aktueller Beitrag
,,Eigentum als Basis mittelstän-
discher Selbständigkeit" zeigt,
dass der Verfasser des viel be-
achteten Buches ,,Wie kann der
Mittelstand die Globalisierung
bestehen?" auch im Sinne des
Schwerpunktthemas des Bundes der Steuerzahler ,,Eigentum
schützen ­ Eigentum fördern" die Warnungausspricht: ,,Gehen
Eigentumsrecht und Eigentumsbestand unter, so bricht auch
die mittelständische Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung
zusammen." Wer weiterhin Mittelstand, Wohlstand, Markt-
wirtschaft und Demokratie erhalten will, so Professor Dr.
Hamer, muss die eigentumsfeindlichen Angriffe von Politikern
und Sozialfunktionären zurückschlagen! Dem der ,,Klartext"-
Redaktion besonders verbundenen Professor für Wirtschafts-
und Finanzpolitik, Dr. Hamer, gilt der herzliche Dank für die
kurzfristige zur Verfügungstellung des wissenschaftlich fun-
dierten, mit der bekannt deutlichen Sprache des Verfassers ge-
schriebenen Beitrags.
EIGENTUM SCHÜTZEN ­ EIGENTUM FÖRDERN
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über ausreichendes Be-
triebseigentum verfügt,
sind größere oder mehr-
jährige Verluste für ihn
überstehbar, ist über-
haupt das Risiko seiner
Entscheidungen tragbar.
Deshalb ist es das Be-
streben aller Unterneh-
mer, möglichst viel Be-
triebsvermögen anzu-
sammeln, um damit die
eigene Haftungsmasse
zu vergrößern, das eige-
ne Verlustrisiko zu min-
dern. In dieser Situation
steht der selbständige
Mittelstand einzigartig.
Bei öffentlichen Unter-
nehmen trägt der Staat
die Risiken und Verluste.
Bei Kapitalgesellschaften
kann das Management
die Verluste an die Aktio-
näre abgeben, die wiede-
rum nicht mit ihrem Pri-
vatvermögen, sondern
nur mit dem Aktienwert
haften. Die Risiko- und
Haftungsposition des
mittelständischen Un-
ternehmers ist also umso
aushaltbarer, je mehr Ei-
genvermögen im Betrieb gebun-
den ist. Deshalb sind die meisten
gesunden mittelständischen Be-
triebe dadurch entstanden, dass
die Inhaber die Gewinne nicht
aus dem Unternehmen entnom-
men, sondern vorrangig zur Bil-
dung von Betriebsvermögen ein-
gesetzt haben. Kein anderer
Unternehmenstyp ist deshalb so
eigentumsabhängig wie ein
mittelständisches Unternehmen
und keine Bevölkerungsgruppe
ist von der Bildung und Nutzung
des Eigentums so existenzabhän-
gig wie die mittelständischen
Unternehmer. Weil in diesem
Punkt Konzerne und öffentliche
Institutionen viel weniger betrof-
fen sind und ganz andere Interes-
sen haben, steht der Mittelstand
in seiner Abhängigkeit und in sei-
ner Verteidigung des Eigentums
häufig allein und helfen ihm auch
die Wirtschaftsorganisationen
nicht, weil sie in der Regel von
Konzernen gesteuert werden. Der
Mittelstand hat in seinem Leben
mehr Leistung erbracht, um da-
durch mehr Eigentum, mehr Ver-
mögen zu erringen, um im Alter
davon auch einen höheren
Lebensstandard zu genießen.
Mittelständische Unternehmer
z. B. durften nicht Mitglieder der
gesetzlichen Altersversorgung
werden, mussten also für sich
selbst sorgen. Ihre Alterssiche-
rung ist also auf der Eigentums-
garantie aufgebaut. Wenn der
Staat dieses Eigentum ankratzt,
entzieht oder ständig reduziert,
wird damit die Alterssicherung
der für unsere Marktwirtschaft
wichtigsten Bevölkerungsgrup-
pe erodiert, wird der Mittelstand
um die Früchte seiner Arbeit im
Alter geprellt. Wo immer ein
Unternehmer insolvent gewor-
den ist und damit nicht nur sein
aktuelles Einkommen verliert,
hat er auch seine Alterssiche-
rung verloren, fiel er also unter
die Sozialgrenze der staatlichen
Sozialkassen. Nur mit Eigen-
tumsbasis kann ein Unterneh-
mer sicher ins Alter schauen.
Wenn man aber bedenkt, welche
zentrale Rolle der Mittelstand
mit über 80 Prozent der Netto-
steuerzahlung und mehr als
56 Prozent aller Sozialabgaben
für unsere Wirtschaft und Ge-
sellschaft hat, sind die Probleme
des Mittelstandes nicht nur sei-
ne, sondern letztlich die aller
anderen Bevölkerungsgruppen
auch. Wenn also dem Mittel-
stand sein betriebsnotwendiges
Eigentum entzogen oder weg-
gesteuert oder sozialbelastet
oder bürokratisch konfisziert
wird, ist dieser Mittelstands-
schaden letztlich ein Schaden
für das gesamte Volk und für un-
sere gesamte Wirtschaft.
Fortsetzung Seite 8
Der Mittelstand muss auf die veränder-
ten Rahmenbedingungen reagieren!
Aber wie? Die Autoren Eberhard Hamer
und Eike Hamer haben ein Handbuch
geschaffen, um mittelständische Unter-
nehmer auf die neuen Bedingungen,
Auswirkungen, aber auch Risiken der
Globalisierung vorzubereiten.
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KLARTEXT 7­8/2007
und/oder Kapital. Da sich Selb-
ständigkeit ­ wie natürlich auch
jede andere Form des Handelns
auf der Erde ­ immer in einer
räumlichen Dimension vollzieht,
ist sie vor allem ohne den Produk-
tionsfaktor Boden nicht möglich:
Jede Produktion nutzt entwe-
der den Boden selbst oder
doch den Boden als Raum. Die
Urproduktion bestellt den Bo-
den oder beutet ihn durch Ab-
bau aus. Das verarbeitende
Gewerbe verarbeitet dann das,
was die Urproduktion an Bo-
denschätzen oder an Nah-
rungsmitteln gewonnen hat,
weiter in vielerlei Stufen bis
hin zu hochkomplizierten, fer-
tigen Produkten.
Aber nicht nur die Verarbei-
tung von Bodenerzeugnissen
oder Bodenbestandteilen ist
Teil der Produktion. Wichtig
ist auch der Raum. Produktion
findet im Raum statt. Die Ma-
schinen müssen auf dem Bo-
den stehen und im Gewerbe-
raum untergebracht werden.
Ohne Boden ist eine räumli-
che Produktion nicht möglich.
Das gilt auch für Dienstleis-
tungen. Jede Form von
Dienstleistungen hat eine
räumliche Dimension. Der
Handel benötigt Geschäfts-
lokale und Lagerräume, die
Dienstleistungen oder freien
Berufe Büroräume, das Ver-
kehrsgewerbe transportiert
Güter oder Menschen über
räumliche Entfernungen
hinweg und selbst die mo-
dernen Informationsmedien
brauchen ihre Studios, ihre
Redaktionen oder EDV-
Zentren zur Ausübung ihrer
Dienstleistung.
Die Nutzung des Bodens muss
sich nicht zwangsläufig mit dem
Eigentum des Unternehmers ver-
binden. Es genügen oft auch Nut-
zungsrechte wie zum Beispiel der
Besitz (Miete, Pacht) oder andere
dingliche Rechte wie ein Erbbau-
recht. Die abgeleiteten Ersatz-
rechte am Boden sind aber nie
gleichwertig dem Eigentum, weil
nur letzteres die absolute Verfü-
gungsfreiheit bietet, in schwieri-
gen Zeiten nur kalkulatorische
oder keine Miete abfordert und
vor allem nur Eigentum Siche-
rungsbasis für Kredite bietet. Der
Verfasser hat im Mittelstandsins-
titut Hannover Untersuchungen
über die Unternehmenskonstanz
mittelständischer Branchen ge-
macht und festgestellt, dass zum
Beispiel im Hotel- und Gastge-
werbe jährlich ein Drittel der Be-
triebe eingehen, das heißt, den
Besitzer wechseln, vor allem weil
sie in Miet- oder Pachträumen sit-
zen und diese Fixkosten nicht
mehr erwirtschaften konnten.
Vor allem bekommt man in Miet-
oder Pachträumen keine Hypo-
thekarkredite ­ der häufigste Kre-
dit aller mittelständischen Unter-
nehmen. Wie wichtig deshalb
Immobilieneigentum für die
Gründung und den Betrieb
eines mittelständischen Unter-
nehmens ist, hat sich beim ver-
pfuschten Aufbau Ost gezeigt:
Ohne eigene Grundstücke verga-
ben die Banken den Existenz-
gründern keine Kredite. Das hat
uns Hunderttausende potentielle
Existenzgründer dort gekostet
und eine Unternehmerrate, die
zu gering für den Aufbau einer
Marktwirtschaft war. Der Verfas-
ser selbst hat mit einem Neffen
eine Tischlerei gegründet und da-
für ein geeignetes Grundstück ge-
kauft. Keine Bank wollte aber drei
Jahre lang darauf einen Kredit ge-
ben, weil die Eintragung damals
im Osten so lange dauerte. Hätte
der Unterzeichner nicht im Wes-
ten eine Sicherungsmöglichkeit
gehabt, wäre der Betrieb im Osten
nicht zeitnah gründbar gewesen.
Wer als mittelständischer Unter-
nehmer kein Grundeigentum hat,
bekommt also in der Regel keinen
Kredit. Also ist Grundeigentum in
der Regel die Voraussetzung für
die Kreditfähigkeit und für den
Betrieb eines mittelständischen
Unternehmens ­ oft sogar über-
haupt die Produktionsbasis wie
z. B. in den ca. 350.000 mittelstän-
dischen Betrieben der Land- und
Forstwirtschaft. Das Eigentum an
Immobilien und Maschinen ist
noch aus einem zweiten Grund
für mittelständische Inhaber-
unternehmer die zentrale Exis-
tenzvoraussetzung: Der mittel-
ständische Unternehmer ist Al-
lein- und Selbstentscheider und
haftet vor allem auch allein und
voll (unbegrenzt) für diese Ent-
scheidungen. Entscheidet er
falsch, macht er Verluste und ver-
liert er an Vermögen. Nur wenn er
Die gesunden mittel-
ständischen Betriebe
sind dadurch entstan-
den, dass die Inhaber
die Gewinne zur Bildung
von Betriebsvermögen
eingesetzt haben
Keine Bevölkerungsgrup-
pe ist von der Bildung
und Nutzung des Eigen-
tums so existenzabhän-
gig wie die mittelständi-
schen Unternehmer
Wenn der Staat das Ei-
gentum ständig redu-
ziert, wird der Mittel-
stand um die Früchte
seiner Arbeit zur Alters-
sicherung geprellt
EIGENTUM SCHÜTZEN ­ EIGENTUM FÖRDERN
background image
5
KLARTEXT 7­8/2007
Eigentum als Basis der Selb-
ständigkeit ...
Fortsetzung von Seite 6
Beispiele hierfür sind:
1.
Erbschaftsteuer
Die Erbschaftsteuer ist nur
eine Mittelstandssteuer für
den selbständigen und fremd-
verantwortlichen Mittelstand.
Die Konzerne vererben nicht
und zahlen deshalb keine
Erbschaftsteuer, öffentliche
Unternehmen ebenfalls nicht.
Nur mittelständische Unter-
nehmen werden pro Genera-
tion einmal durch Erbschaft-
steuer teilenteignet. Der
Unterzeichner hat das Bun-
desverfassungsgericht im
,,Einheitswerturteil" beraten
dürfen und ihm klargemacht,
dass eine Erbschaftsbesteue-
rung der Grundstücke eines
mittelständischen Unterneh-
mens zu Einheitswerten im-
mer dazu führen würde, dass
wegen der Steuerlast dieser
Betrieb nicht mehr zu verer-
ben ist, also abgewickelt wer-
den müsse. Das Bundesverfas-
sungsgericht hat die vom
Mittelstandsinstitut Hannover
geforderte Stundungsregelung
deshalb akzeptiert und wiede-
rum der Politik aufgegeben.
Im neuen Erbschaftsteuer-
recht soll aber die Stundungs-
regelung ­ Fortsetzung des Be-
triebes auf 10 Jahre ­ wieder
dadurch eingeschränkt und
zum Teil wertlos gemacht wer-
den, dass die Fortführung des
Betriebes an Arbeitsplätze
oder Umsatz gekoppelt wird.
Dies wäre in einer wachsen-
den Wirtschaft kein Problem.
Wir haben aber keine ständig
wachsende Wirtschaft, son-
dern eine den Konjunktur-
wechselfällen und einem
möglichen Crash ausgesetzte
Wirtschaft, in welcher Be-
triebsfortsetzungen die Aus-
nahme, nicht mehr die Regel
sind. Die neue Erbschaftsrege-
lung belastet deshalb nicht
nur den Mittelstand einseitig
vor allen anderen Gesell-
schaftsgruppen, sondern wird
auch Hunderttausende von
Betriebsschließungen nach
sich ziehen, wenn sie einen
zehnjährigen Arbeitsplatzbe-
stand erfordert.
2.
Mehr als eine Million mittel-
ständischer Immobilienbesit-
zer leben von der Miete ihrer
Objekte und sind nicht nur
darauf angewiesen, frei ver-
mieten zu können, sondern
ihre Objekte auch frei gestal-
ten zu dürfen. Dies hat der
Gesetzgeber aus rein sozialen
Gründen ständig verändert. Er
hat nicht nur die Verpflichtun-
gen des Vermieters ständig er-
höht, so dass oft das Vermie-
ten zum unzumutbaren Risiko
geworden ist; ­ er hat auch die
Anforderungen an die Miet-
wohnung zum Beispiel durch
den ,,Wärmepass" ständig ver-
schärft. Das gesamte Miet-
recht hat inzwischen so viele
Einschränkungen, Beschrän-
kungen und vermieterfeindli-
che Regelungen, dass zu-
nehmend Immobilienbesitzer
sich von ihren Immobilien
trennen und in andere, nicht
so überregulierte Vermögens-
anlagen wie die Wohnungs-
wirtschaft wechseln. Auch hier
trifft es wieder nicht die Kon-
zerne oder den Staat, sondern
vor allem den mittelständi-
schen Immobilienbesitzer.
3.
Der Verfasser ist Betreiber ei-
nes Land- und forstwirtschaft-
lichen Betriebes und ist sich
mit den Kollegen einig, dass
die bürokratischen Anforde-
rungen und die staatlichen
Interventionen bei Land- und
Forstwirtschaft einschließlich
der bürokratischen Fördervor-
schriften inzwischen so uner-
träglich geworden sind, dass
ein einfacher Bauer diese so-
wieso nicht mehr beherrschen
kann, sondern einen Berater
braucht, dass aber auch nicht
mehr die Eigenentscheidung
des Land- oder Forstwirts,
sondern die in den Förder-
richtlinien zum Ausdruck
kommenden Wünsche der öf-
fentlichen Funktionäre die Tä-
tigkeit des Land- und Forst-
wirts heute mehr bestimmen
als dessen Eigenwünsche.
Unternehmertum wird prak-
tisch durch Reglementierung
immer mehr erstickt, die Frei-
heit des Eigentums nur noch
theoretisch, nicht aber mehr
praktisch erhalten.
4.
Den größten Skandal hat der
Unterzeichner in den neuen
Bundesländern miterlebt. Nur
weil die Regierung Kohl glaub-
te, ,,mit den Eigentumswerten
des Ostens die Wiedervereini-
gung bezahlen zu können"
(Waigel), wurde mit Lug und
Trug den alten Eigentümer-
familien ihr Land und ihr Ge-
werbebesitz genommen und
entweder ihnen selbst oder
anderen wieder verkauft. So
musste der Verfasser ein Fami-
liengut wieder zurückkaufen
und den Staat dadurch un-
rechtmäßig bereichern. Das
Verfahren einer angeblichen
Republik mit den Alteigentü-
mern im Osten ist die bisher
gröbste Verachtung des eigent-
lich durch das Grundgesetz ge-
schützten Eigentums. Und das
Bundesverfassungsgericht hat
in der Bestätigung dieses Ei-
gentumsraubes nicht Recht,
sondern Unrecht gesprochen.
Der Senatspräsident wurde
zum Dank dafür Bundesprä-
sident. Der Vorgang zeigt
aber, wie ausgehöhlt unser
eigentlich in Art. 14 GG ge-
schütztes Eigentumsrecht ist
und wie wenig Politik und
Verwaltung es in Wirklichkeit
noch achten. Gehen aber Ei-
gentumsrecht und Eigen-
tumsbestand unter, so bricht
auch unsere mittelständi-
sche Wirtschafts- und Gesell-
schaftsordnung zusammen.
Wer also weiterhin Mittel-
stand, Wohlstand, Markt-
wirtschaft und Demokratie
halten will, muss die eigen-
tumsfeindlichen Angriffe der
Politiker und Sozialfunktio-
näre zurückschlagen!
Die neue Erbschaftsre-
gelung belastet den
Mittelstand einseitig vor
allen anderen Gesell-
schaftsgruppen
Die Einschränkungen im
Mietrecht treffen nicht
die Konzerne oder den
Staat, sondern vor allem
den mittelständischen
Immobilienbesitzer
Privateigentum - gibt
es das noch?
Von Armin Freiherr von Freyberg
,,Mein Haus, mein Bauplatz, mein
Feld ­ das ist mein ganz persönli-
ches Eigentum! Auch mein Auto,
meine kleine Wohnung, mein
verdientes Geld sind ebenfalls
mein ganz persönliches Eigen-
tum!" So könnte ein schönes Mär-
chen vom Eigentum in Deutsch-
land beginnen. Könnte! Denn es
bliebe, wie zu sehen sein wird,
nur ein Märchen. Eine Tatsache,
die wenig bekannt zu sein
scheint, denn bei den Infor-
mationsversammlungen unseres
Verbandes im Lande wurden auf
die eingangs gestellte Frage
durchweg Meinungen im oben
dargestellten Sinne geäußert.
Erst wenn auf die weitreichenden
Auswirkungen z. B. der geplanten
Erbschaftsteuerregelungen, der
Mietgesetze, der wachsenden Ab-
gabenflut auf Eigentum und des
Eigentumsentzugs durch Auswei-
sung von Schutzgebieten, um nur
einige der vielen Diskussions-
punkte zu nennen, eingegangen
wird, breitet sich jeweils Betrof-
fenheit aus. Wenn dann noch von
Versammlungsteilnehmern der
Umgang einiger Behörden mit ih-
ren Ermessensspielräumen ge-
schildert wird, kommt regelmäßig
eine Staatsverdrossenheit von be-
sorgniserregender Intensität auf.
Ein nicht mehr zu übersehendes
Zeichen, dass die Eigentumsde-
batte in unserem Land neue Di-
mensionen erreicht hat. Be-
sonders eindrucksvoll lässt sich
der inzwischen in Teilbereichen
rigorose Umgang des Staates mit
privatem Eigentum an der Aus-
weisung von Wasserschutzgebie-
ten demonstrieren. Grundeigen-
tum war und ist in unserem Land,
einem ,,freiheitlich demokrati-
schen Rechtsstaat", die älteste,
elementarste, stabilste und damit
wichtigste Form des privaten Ei-
gentums.
Besonders eindrucks-
voll lässt sich der rigo-
rose Umgang des Staa-
tes mit privatem Eigen-
tum an der Ausweisung
von Wasserschutzge-
bieten demonstrieren
Armin Freiherr von Freyberg,
Landesvorsitzender des Bundes
der Schutzgebietbetroffenen e. V.
­ Verband zum Schutz des Pri-
vateigentums in Bayern: ,,Bei
Gesetzen wie dem Bayerischen
Wassergesetz blieb das Bayeri-
sche Umweltministerium eine
nachvollziehbare Rechtfertigung
für die verursachten, wirtschaft-
lichen Schäden und das Ausblei-
ben einer angemessenen Ent-
schädigung bisher schuldig."
EIGENTUM SCHÜTZEN ­ EIGENTUM FÖRDERN
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6
KLARTEXT 7­8/2007
In Wasserschutzgebieten wird,
wie ähnlich in anderen Schutz-
gebieten auch, der Verkehrswert
dieses Immobilieneigentums
durch den massiven Entzug der
Nutzungsrechte des Grundei-
gentümers erheblich herabge-
setzt bzw. gegen null reduziert ­
hierzu gibt es inzwischen viele
Beispiele aus der Praxis sowie
wissenschaftlich-statistische Er-
hebungen und Expertengutach-
ten. Durch die Bauverbote bezie-
hungsweise teueren Bauauflagen,
die Betriebsverbote bzw. kosten-
steigernden Auflagen, den Verlust
landwirtschaftlicher und gewerb-
licher Bewirtschaftungs- bzw.
Entwicklungsmöglichkeiten usw.
sind diese betroffenen Immobi-
lien nahezu unverkäuflich und
damit wertlos. Nur die Wasserbe-
treiber nutzen die Situation und
kaufen einige zentrale Flächen.
Nun wird regelmäßig von den be-
troffenen Bürgerinnen und Bür-
gern die Frage nach der Legitima-
tion solchen staatlichen Handelns
gestellt. Wasserversorgung muss
zwar ebenso wie Strom, Gas und
Abwasserentsorgung zur Verfü-
gung stehen, allerdings haben wir
in Bayern beim Wasser bereits
mehr als 200 Prozent Überange-
bot, sodass sich neue Schutzge-
bietsausweisungen mit ihren rui-
nösen Folgen für das Grund- und
Gewerbeeigentum der Betroffe-
nen ­ mit Einschränkungen in
Sonderfällen ­ erübrigen würden.
Aber auch wenn unumgängliche
Ausweisungsnotwendigkeiten
vorlägen und die damit verbun-
denen Eigentumsschäden unver-
meidbar wären, bliebe die Frage,
wie verhält sich die Politik? Bei
Gesetzen wie dem Bayerischen
Wassergesetz, die Eigentums-
schäden von z. B. mehreren Milli-
onen Euro bis hin zu mehreren
Zigmillionen pro ausgewiesenes
Schutzgebiet, wie es derzeit der
Fall ist, verursachen bzw. nicht
verhindern, wäre zum einen das
Bayerische Umweltministerium
dem Bürger gegenüber in der
Pflicht, absolut fehlerlose, nach-
vollziehbare und überzeugende
Begründungen für das derzeitige
Vorgehen zu geben und zweitens
müsste der Gesetzgeber die Aus-
wirkungen durch eindeutige Ent-
schädigungsgesetze abfangen.
Wie sieht nun die Begründung
bzw. Rechtfertigung für diesen
Zustand in Bayern aus? Zwei der
zentralen Argumente des zustän-
digen Bayerischen Umweltminis-
teriums liefen bisher auf Folgen-
des hinaus: Wasser sei wichtigstes
Lebensmittel und Wasser müsse
für die zukünftigen Generationen
bewahrt werden. Beide Argumen-
te sind inhaltlich als vorwiegend
emotional einzustufen und laufen
als Begründung für eine einge-
schränkt verfassungskonforme
bayerische Gesetzeslage ins Lee-
re. Auch das zu bejahende Argu-
ment des Schutzes von Trinkwas-
ser wird in Bayern insofern kon-
terkariert, da nur zwei Prozent des
verbrauchten Wassers für Trinken
und Kochen verwendet werden
und 98 Prozent der Flüssigkeit aus
dem Hahn als Kühl-, Spül-, Ver-
dünnungs- und Waschwasser,
also als Brauchwasser, in die Ka-
nalisation laufen. In Bayern ha-
ben wir also den nicht nachzu-
vollziehenden Zustand, dass diese
98 Prozent Brauchwasser wie
Trinkwasser unter Inkaufnahme
der geschilderten Eigentums-
schäden geschützt werden. Eine
nachvollziehbare Rechtfertigung
für die verursachten wirtschaft-
lichen Schäden und das Ausblei-
ben eines wirksamen Entschädi-
gungsgesetzes blieb das Bayeri-
sche Umweltministerium bisher
schuldig.
Wie ist nun die drängend aus der
Bevölkerung gestellte Frage
nach Entschädigung der Eigen-
tumsverluste bei Schutzgebiets-
ausweisungen zu beantworten?
Das Bayerische Wassergesetz ent-
hält zwar eine Entschädigungsre-
gelung, allerdings nicht in genau
bestimmender Form (Salvatori-
sche Klauseln), sodass Entschädi-
gungen bisher noch in langwieri-
gen und komplizierten Prozessen
erstritten werden müssen. Die
großen bayerischen Verbände ha-
ben aus diesen Gründen schon
vor vier Jahren die ,,Solidarge-
meinschaft Eigentum" gegrün-
det. Der derzeitige ,,großzügige"
Umgang mit dem Eigentum ihrer
Verbandsmitglieder durch die Be-
hörden mit dem Ziel, auf diese
Weise mögliche eigene staatliche
finanzielle Verpflichtungen auf
die Bürger abzuwälzen, wird von
ihnen nicht mehr akzeptiert. Sie
fordern daher mit allem Nach-
druck eine präzisierende Geset-
zesänderung dahingehend, dass
die geschilderten ,,unzumutbaren
Eigentumsbelastungen" in Zu-
kunft vermieden und in den Aus-
nahmefällen, in denen das nicht
möglich ist, entschädigt werden
müssen. Um das zu erreichen,
forderten sie eine Definition der
,,unzumutbaren Belastung des Ei-
gentums" durch den Gesetzgeber
in folgender Form:
Der Gesetzgeber muss
die negativen Auswir-
kungen seines Han-
delns auf das private Ei-
gentum durch eindeuti-
ge Entschädigungsge-
setze ausgleichen
Eine unzumutbare und damit
entschädigungspflichtige Belas-
tung des Eigentums ist in der Re-
gel dann gegeben, wenn
eine bisher rechtmäßig aus-
geübte Grundstücksnutzung
untersagt oder wesentlich be-
schränkt wird oder
eine nicht ausgeübte, aber
rechtmäßige Grundstücks-
nutzung, die sich nach Art
und Beschaffenheit des be-
troffenen Grundstücks anbie-
tet und die der Eigentümer
oder Berechtigte sonst ausge-
übt hätte, untersagt oder we-
sentlich beschränkt wird oder
der Verkehrswert des betrof-
fenen Grundstücks infolge
der behördlichen Maßnahme
mehr als nur unerheblich
vermindert wird.
Obwohl diese Forderungen der
Solidargemeinschaft mit dem
Ziel, dem Eigentum in Bayern we-
nigstens über eine angemessene
Entschädigungspflicht zu ausrei-
chendem Schutz vor dem Zugriff
Dritter zu verhelfen, inzwischen
mit erheblichem Nachdruck an
die Bayerische Regierung heran-
getragen werden, gelang bisher
noch keine Einigung. Das ist
umso unverständlicher, als ande-
re Bundesländer, wie Schleswig-
Holstein, Hessen und Nordrhein-
Westfalen, um nur drei zu nen-
nen, die notwendigen Entschä-
digungsregelungen in ihre Geset-
ze geschrieben haben. Das Baye-
rische Umweltministerium stellte
darüber hinaus sogar einen eige-
nen Gesetzesentwurf gegen den
Vorschlag der Verbände, der sich
bedauerlicherweise dadurch aus-
zeichnet, dass er nicht geeignet
ist, die geschilderten, inzwischen
massiven Probleme zu lösen.
Problematisch ist auch die Be-
gründung des Umweltministers
für die Ablehnung der verfas-
sungskonformen Gesetzesforde-
rungen der bayerischen Verbän-
de. Sinngemäß wird vorgebracht,
dass, wenn die Regierung die De-
finition der ,,unzumutbaren Be-
lastung" des Bürgers ins Gesetz
schreiben würde, damit auf den
Staat so hohe Entschädigungsbe-
lastungen zukommen würden,
dass der Staatshaushalt überfor-
dert wäre. D. h., man kennt im
Ministerium die enorme Höhe
des einer Teilgruppe von Bürgern
ohne stichhaltige Begründung
auferlegten entschädigungslosen
Eigentumsschadens und weist
seine Existenz mit diesem Argu-
ment zugleich auch noch nach.
Trotzdem versucht man die herr-
schenden und schwer in der Kri-
tik stehenden Verhältnisse so zu
belassen. Dass die dem Schaden
zugrunde liegenden Ausweisun-
gen in einer Reihe von Fällen zu
Gunsten gewinnorientierter Ka-
pitalgesellschaften geschehen,
soll hier nicht näher erörtert wer-
den. Auch dass dieser für einen
freiheitlichen Rechtsstaat er-
staunliche Zustand, worauf in
den Versammlungen im Lande
sehr deutlich hingewiesen wird,
bei den Betroffenen Assoziatio-
nen an Gesellschaftssysteme her-
aufbeschwört, die sich gerade vor
knapp zwei Jahrzehnten so häss-
lich aus der Geschichte ge-
schlichen haben, sollte verstan-
den werden und auch ein Hin-
weis auf die politische Brisanz, die
bereits in der Eigentumsdebatte
steckt. Und es erstaunt ebenso,
dass man im Umweltministerium
das zu übersehen gewillt scheint.
Es ist unter den geschilderten
Umständen sehr zu hoffen, dass
der Teil der Bayerischen Regie-
rung, der sich nach wie vor dem
Schutz des Eigentums nach-
drücklich verpflichtet sieht, aus-
reichende Unterstützung findet.
In jedem Fall wird diese gesetzli-
che Regelung im nächsten Jahr ei-
ner der zentralen Prüfsteine kon-
servativer Politik sein. Es wird re-
gelmäßig die Frage an uns
herangetragen, was kann der von
dieser Art der entschädigungslo-
sen Beschlagnahme von Eigen-
tumsrechten betroffene Bürger
tun? Einzelstimmen haben in un-
serem Land kaum Chancen auf
Gehör, darauf darf hier hingewie-
sen werden. Gerechterweise
muss hier aber auch gesagt wer-
den, dass die Politik von den Bür-
gern durchaus erwarten kann,
dass sie ihre Stimmen vereinen
und ihre Sorgen und Forderun-
gen gebündelt vortragen. Nun
stellte sich im Verlauf der Debat-
ten heraus, dass auch eine Inte-
ressensbündelung über nur einen
Einzelverband im Verhältnis zu
den jeweils Regierenden begrenz-
te Chancen zu haben scheint,
wenn eine starke Lobby gegentei-
lige Interessen vertritt. Aus die-
sem Grund entschieden sich
inzwischen sieben große baye-
rische Verbände wie der Bayeri-
sche Industrieverband Steine und
Im Umweltministerium
ist die enorme Höhe des
einer Teilgruppe von Bür-
gern entschädigungslos
auferlegten Eigentums-
schadens bekannt
Der Staatsminister für
Umwelt verkennt die
politische Brisanz, die
in der Eigentumsdebat-
te steckt
EIGENTUM SCHÜTZEN ­ EIGENTUM FÖRDERN
background image
7
KLARTEXT 7­8/2007
Erden, der Bayerische Waldbe-
sitzerverband, der Verband der
Bayerischen Grundbesitzer, der
Bayerische Bauernverband, Haus
& Grund Bayern, Bund der
Schutzgebietsbetroffenen Bayern
und der Bund der Steuerzahler im
Rahmen der ,,Solidargemein-
schaft Eigentum" gemeinsam mit
Nachdruck dafür zu arbeiten,
dass dem privaten Eigentum der
Bürgerinnen und Bürger wieder
der nötige gesetzliche Schutz ge-
währt werden muss.
,,Wir fordern klare Regelungen
für die Entschädigung von Eigen-
tumsrechten bei der Ausweisung
von Wasserschutzgebieten"
Von Bertram Brossardt
In Bayern sind rund vier Prozent
der Landesfläche als Wasser-
schutzgebiete ausgewiesen, um
einerseits eine sichere Wasserver-
sorgung der Bevölkerung und an-
dererseits einen vorsorgenden
Hochwasserschutz zu gewähr-
leisten. Angesichts des Klima-
wandels werden voraussichtlich
weitere Flächen als Wasser-
schutzgebiete ausgewiesen wer-
den. Bei der Debatte wird gerne
übersehen, dass es nicht nur um
den Umweltschutz geht, sondern
auch um Nachteile für den Stand-
ort. Denn um langfristig zu inves-
tieren, braucht die Wirtschaft
Planungssicherheit bei der ge-
setzlichen Regelung für die Ei-
gentumsrechte bei der Auswei-
sung von Wasserschutzgebieten.
Unterschied zwischen
landwirtschaftlicher
und nichtlandwirtschaft-
licher Fläche
Es gibt gegenwärtig eine unter-
schiedliche Rechtslage bei der
Behandlung von landwirtschaft-
lichen und nichtlandwirtschaft-
lichen Flächen. Die landwirt-
schaftlichen Eigentümer er-
halten im Gegensatz zu den
anderen Eigentümern gesetzli-
che Ausgleichszahlungen, wenn
es bei der Bewirtschaftung des
Grundstücks zu Erschwernissen
kommt. Für alle anderen Eigen-
tümer gilt diese Sonderregelung
nicht.
Der Bayerischen Staatsregierung
ist es offenbar bislang nicht ge-
lungen, einen Lösungsansatz für
die Gleichbehandlung von land-
wirtschaftlichen und nichtland-
wirtschaftlichen Flächen zu fin-
den. Ebenso wenig hat es das
bayerische Kabinett geschafft,
eine Lösung für einen Interes-
sensausgleich zwischen Grund-
stückseigentümern und Wasser-
versorgern zu finden.
Daraus ergeben sich
folgende grundlegende
Forderungen:
Die Eigentümer müssen
informiert werden
Bisher ist nicht gesichert, dass
alle Eigentümer von der geplan-
ten Ausweisung eines Wasser-
schutzgebietes erfahren, da sie
zu den Anhörungsverfahren
nicht speziell geladen werden.
Viele sind überrascht, dass ihre
Grundstücke von der Auswei-
sung betroffen sind. Wir fordern
eine gesetzliche Regelung, die
vorsieht, dass bei der Auswei-
sung von Wasserschutz-, Was-
servorrang- und Wasservor-
behaltsgebieten ausreichende
Transparenz gewährleistet ist
und die betroffenen Grund-
stückseigentümer frühzeitig in
das Vorhaben eingebunden wer-
den. Im Vorfeld des Anhörungs-
verfahrens sollten die von der ge-
planten Ausweisung betroffenen
Eigentümer benachrichtigt wer-
den. Nur so haben sie die Mög-
lichkeit, ihre Eigentümer- und
Nutzungsbelange rechtzeitig
vorzubringen. Zugleich würde
sich die Informationslage der zu-
ständigen Festsetzungsbehörde
verbessern. Entsprechend positi-
ve Erfahrungen mit der direkten
Information der Betroffenen ha-
ben wir bei der Ausweisung
von Flora-Fauna-Habitat-Gebie-
ten, sogenannten FFH-Gebieten,
gemacht.
Für die Grundstückseigentümer
muss eine Überprüfbarkeit der ei-
genen Betroffenheit geschaffen
werden, dazu sind einheitliche
und überprüfbare Kriterien zur
Ausweisung von Schutzgebieten
notwendig. Dies muss auch für
alle beteiligten Behörden gelten,
wie z. B. Wasserwirtschaftsämter,
Untere Naturschutzbehörden,
Kommunen.
Gleichbehandlung land-
wirtschaftlicher und nicht-
landwirtschaftlicher Flä-
chen
Wir haben heute die Situation,
dass bei der Ausweisung von
Wasserschutzgebieten die Land-
wirtschaft für ihre Erschwernisse
bei der Bewirtschaftung der
Flächen gesetzliche Ausgleichs-
zahlungen erhält. Oftmals wer-
den zwischen Wasserversorger
und Landwirtschaft über die ge-
setzliche Ausgleichspflicht hin-
ausgehende vertragliche Verein-
barungen getroffen. Dies ist
jedoch nur bei landwirtschaft-
lichen Flächen möglich. Private
Grundstückseigentümer erhal-
ten keinerlei Ausgleichszahlun-
gen bzw. Entschädigungen bei
Nutzungsbeschränkungen, glei-
ches gilt bei nichtlandwirt-
schaftlicher Nutzung. Hier muss
es zu einer Gleichbehandlung
kommen.
Eine klare Definition
der Entschädigungsre-
gelung
Die bisherigen Entschädigungs-
regelungen enthalten keine hin-
reichend genauen gesetzlichen
Definitionen, unter welchen
Voraussetzungen der betroffene
Eigentümer oder Berechtigte
Anspruch auf Entschädigung
hat. Der unbestimmte Rechts-
begriff einer ,,unzumutbaren
Beeinträchtigung" ist demzu-
folge aus Gründen der Rechtssi-
cherheit und Rechtsklarheit ge-
setzlich zu bestimmen. Es stellt
sich die Frage, was ein
entschädigungsloser Eingriff ist
bzw. ab wann eine Entschädi-
gung vom Wasserversorger zu
leisten ist. Wir fordern klare Re-
gelungen für die Entschädigung
von Eigentumsrechten bei der
Ausweisung von Wasserschutz-
gebieten.
Das Fazit: Der Gesetzge-
bungsprozess muss be-
schleunigt werden
Der Gesetzgebungsprozess zur
Änderung des Bayerischen Was-
sergesetzes zieht sich seit langer
Zeit hin. Es wäre sehr zu begrü-
ßen, wenn es nach der Neubil-
dung des bayerischen Kabinetts
zu einer Lösung kommen wür-
de.
Bertram Brossardt, Hauptge-
schäftsführer der vbw ­ Verei-
nigung der Bayerischen Wirt-
schaft: ,,Wir fordern im Ge-
setzgebungsprozess zur
Änderung des Bayerischen
Wassergesetzes klare Regelun-
gen für die Entschädigung von
Eigentumsrechten bei der
Ausweisung von Wasser-
schutzgebieten."
Die eigene Wohnung hat
viele Vorteile
Zweite Rente für breite Bevölkerungs-
schichten / Auch Volkswirtschaft und
städtische Infrastruktur profitieren von
der ,,Volkswohnung"
Von Klaus Schmitt
Die Eigentumswohnung rückt als wichtiger Baustein der
Alterssicherung immer mehr in den Fokus der gesellschaft-
lichen Debatte. Wohneigentum kann jedoch nicht nur dazu
beitragen, breite Bevölkerungsschichten vor drohender
Altersarmut zu schützen: Die eigenen vier Wände haben
auch positive Auswirkungen auf die gesamte Volkswirt-
schaft, so zum Beispiel die Baubranche. Zudem wächst die
Lebensqualität in jenen Stadtvierteln, die aus einst kommu-
nalem oder firmeneigenem Vermögen an die Mieter privati-
siert werden.
Aktuellen Umfragen zufolge
plant jeder siebte Deutsche, in
naher Zukunft Wohneigentum
zu erwerben. Damit ist der Anteil
in den vergangenen zwei Jahren
um drei Prozent gestiegen. Kein
Wunder: Niedrige Zinsen, die
Angst vor einer immer größer
EIGENTUM SCHÜTZEN ­ EIGENTUM FÖRDERN
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8
KLARTEXT 7­8/2007
werdenden Versorgungslücke
im Rentenalter sowie das Be-
wusstsein, welche Vorteile miet-
freies Wohnen im Alter bietet,
lassen den Kauf einer Wohnim-
mobilie zunehmend attraktiver
werden. Besonders stark ist der
Trend, nicht lebenslang Miete
zahlen zu wollen, bei den 20- bis
40-Jährigen. 37,6 Prozent der
unter 30-Jährigen und 25,5 Pro-
zent der 30- bis 40-Jährigen
haben ernsthafte Absichten,
Wohneigentum zu erwerben.
Damit rückt in Deutschland all-
mählich die Tatsache ins Be-
wusstsein, dass Wohneigentum
ein wichtiger Baustein der priva-
ten Altersvorsorge ist, sozusagen
das zweite Standbein neben
der gesetzlichen Alterssiche-
rung darstellt. Ob selbst genutzt
oder vermietet, die Wohnimmo-
bilie schafft finanzielle Unab-
hängigkeit, da sie entweder für
lebenslanges mietfreies Wohnen
oder für zusätzliche Einkünfte
neben dem Gehalt bzw. der spä-
teren Rente sorgt. In Abhängig-
keit des zur Verfügung stehen-
den Eigenkapitals und der Til-
gungshöhe ist die Immobilie
üblicherweise bis zum Renten-
eintritt abbezahlt.
Lage und Ausstattung
entscheidend für Wert-
erhalt der Immobilie
Der Wert einer Immobilie steigt
im Normalfall kontinuierlich ­
vorausgesetzt man beachtet
schon beim Kauf einige Grund-
regeln: Die Wohnung sollte so
liegen, dass sie über eine gute
Infrastruktur verfügt, das heißt
möglichst nur wenige Gehmi-
nuten von öffentlichen Ver-
kehrsmitteln, Einkaufsstätten,
Schulen und Ärzten entfernt ist.
Dies ist insbesondere deshalb
wichtig, da angesichts steigen-
der Lebenserwartung die Nach-
frage nach altersgerechten
Wohnungen klettern wird. Im
Jahr 2050 wird bereits jeder
dritte Deutsche über 60 Jahre
alt sein. Deshalb ist neben der
Lage der Immobilie auch deren
Ausstattung wichtig. Liegt eine
Wohnung im dritten Stock oder
höher, so sollte im Gebäude auf
jeden Fall ein Aufzug sein.
Immobilienkäufer bau-
en mehr Vermögen auf
als Mieter
Entgegen der landläufigen Mei-
nung bedeutet der Erwerb einer
Immobilie für den Käufer nicht,
dass er bis zur Rente oder sogar
darüber hinaus den Gürtel en-
ger schnallen muss. Legt man
die Entwicklung der Wohnungs-
mieten und Lebenshaltungskos-
ten seit 1995 zugrunde, so wird
ersichtlich, dass Immobilien-
käufer im Lebenszeitraum über
zehnmal soviel Vermögen auf-
bauen wie Mieter in vergleich-
Die PATRIZIA Immobilien AG:
Die PATRIZIA Immobilien AG mit Stammsitz in Augsburg,
Mitgliedsunternehmen des Bundes der Steuerzahler, ist
ein bundesweit tätiges, börsennotiertes (MDAX) Immobi-
lienunternehmen mit den beiden Geschäftsbereichen In-
vestments und Services. Das Unternehmen ist an neun
Standorten in ganz Deutschland mit eigenen Mitarbeitern
vertreten. Seit ihrer Gründung im Jahre 1984 fungiert die
PATRIZIA als unabhängiger Investor und Dienstleister in
der Immobilienwirtschaft. Mit ihrem Komplettangebot an
Services ,,rund um die Immobilie" ist die PATRIZIA aner-
kannter Geschäftspartner institutioneller Anleger, mittel-
ständischer Unternehmen sowie der öffentlichen Hand.
Acht hoch spezialisierte Tochtergesellschaften erfüllen so-
wohl bei Eigeninvestments als auch bei Dienstleistungs-
aufträgen sämtliche Aufgabenstellungen der Immobilien-
branche. 2006 veräußerte das Unternehmen 2.250 Wohn-
einheiten.
Klaus Schmitt, Vorstand der
PATRIZIA Immobilien AG,
Augsburg, und Mitglied des
Bundes der Steuerzahler, for-
dert günstigere gesetzliche
Rahmenbedingungen zur Schaf-
fung von Wohneigentum:
,,Wohneigentum für jeder-
mann schützt vor Altersarmut
und trägt zu sozialem Frieden
bei."
baren Einkommensverhältnis-
sen. Bei niedrigen Einkom-
mensgruppen ist der Vermö-
gensvorsprung der Wohneigen-
tümer vor den Mietern sogar
noch größer. Insgesamt be-
trachtet ist der Wert an Geldver-
mögen bei Eigentümern zu Be-
ginn des Renteneintritts mehr
als doppelt so hoch wie bei Mie-
tern ­ und zwar unabhängig
vom Einkommen. So betrachtet
lohnt sich das Wohneigentum
im doppelten Sinne: Woh-
nungsbesitzer haben im Alter
nicht nur mehr Geld zur Verfü-
gung, sondern auch eine Immo-
bilie, in der sie ihren Lebens-
abend in Ruhe genießen kön-
nen. Ängste vor belastenden
Mieterhöhungen oder gar einer
Eigenbedarfskündigung durch
den Vermieter entfallen.
Käufer investieren mehr
in die eigenen vier Wän-
de
Vom Kauf einer Immobilie profi-
tiert auch die gesamte Volkswirt-
schaft, denn Wohnungsprivati-
sierung bedeutet im besten Fall
,,Wachstum für alle". Sie wirkt
sich positiv auf Einkommen,
Steuer und Beschäftigung aus.
Besonders das mittelständische
Bau-Nebengewerbe profitiert
von der Umwandlung in Wohn-
eigentum: zunächst in Form von
Renovierungen durch den Ei-
gentümer der Wohnanlage zur
Vorbereitung der Wohnungspri-
vatisierung, dann durch Moder-
nisierungen im Sondereigentum
durch die Wohnungseigentümer
selbst. Im Gegensatz zu Mietern
sind diese gerne bereit, in die ei-
genen vier Wände zu investie-
ren. Sie geben erfahrungsgemäß
wesentlich mehr Geld für höher-
wertige Möbel und Einbauten
wie Einbauschränke und -regale,
Küchen und Ähnliches aus. Die
Folge: Der private Konsum wird
angekurbelt und gleichzeitig
steigt die Wohnzufriedenheit als
Ganzes. Das von den Woh-
nungsbesitzern eingesetzte Ka-
pital wird im Inland ausgegeben
und führt so zu volkswirtschaft-
lichen Wachstumseffekten.
Eigentum hebt Wohn-
qualität in den Stadttei-
len
Aus städtebaulicher Sicht ist die
Privatisierung von Wohnungen
ebenfalls eine Win-win-Situation:
Professionell ausgeführte Sanie-
rungen ganzer Stadtquartiere he-
ben die Wohn- und Lebensqua-
lität. Dabei gilt es natürlich darauf
zu achten, dass erfahrene Anbie-
ter von möglichst sozialverträg-
lichen Wohnprivatisierungsmo-
dellen als Partner gewonnen wer-
den. Als erfolgreiches Beispiel
kann hier die von der PATRIZIA
erfolgreich durchgeführte Privati-
sierung von mehr als 800 ehema-
ligen Werkswohnungen in Mün-
chen Allach/Untermenzing, dem
sog. ,,Wohnpark Angerlohe", ge-
nannt werden. Hier führte die
PATRIZIA neben der Wohnungs-
privatisierungsmaßnahme auch
technisch notwendige und
gleichzeitig wertsteigernde Bau-
maßnahmen im Wohnpark im
Wert von rund 20 Millionen Euro
durch. Zu diesen umfangreichen
Arbeiten gehörten komplexe Fas-
saden-Sanierungen, die Totalsa-
nierung einzelner Wohnungen,
der Einbau von Zentralheizungen
und neuen Fenstern in vielen
Wohnungen oder die Neuausstat-
tung von Eingangsbereichen mit
zeitgemäßen Klingel- und Brief-
kastenanlagen. Da sich der Woh-
nungsbestand der Angerlohe bei-
nahe über das ganze Wohnviertel
Allach/Untermenzing erstreckt,
kann hier von einer klassischen
,,Quartiersaufwertung" gespro-
chen werden, durch die letztend-
lich die Lebensqualität im ganzen
Wohnviertel deutlich gesteigert
wurde. Wie positiv die Privatisie-
rung aufgenommen wurde, be-
legt unter anderem die hohe Mie-
terkaufquote von 43 Prozent.
Natürlich muss bei einer sol-
chen Wohnungsprivatisierung
auch ein Mieter, der weiterhin
Mieter bleiben möchte, umfas-
send geschützt sein. Den Mie-
tern im ,,Wohnpark Angerlohe"
räumte die PATRIZIA einen 10-
jährigen Kündigungsschutz ein.
Wer zum Zeitpunkt des Ver-
kaufs seiner Wohnung bereits
65 Jahre oder älter war, erhielt
sogar einen lebenslangen Kün-
digungsschutz.
Gleichzeitig ermutigt die PATRI-
ZIA aber die Menschen dazu, sich
den Schritt ins Wohneigentum
zuzutrauen und vom Mieter zum
Eigentümer zu werden. Unsere
Philosophie lautet ,,Wohneigen-
tum für jedermann" und wir sind
motiviert, diese noch weiter vor-
anzutreiben. Aktuell zeigen sich
im Schnitt zwischen 30 und 40
Prozent der Mieter in den von uns
privatisierten Anlagen von den
Vorteilen einer Eigentumswoh-
nung überzeugt und kaufen. Die
restlichen Qualitätswohnungsbe-
stände werden an Selbstnutzer
oder Kapitaleigentümer weiterge-
geben.
Gesetzliche Rahmenbe-
dingungen müssen stim-
men
Ein wichtiger Baustein auf dem
Weg zum ,,Wohneigentum für je-
dermann" ist es, dass gesetzliche
EIGENTUM SCHÜTZEN ­ EIGENTUM FÖRDERN
background image
9
KLARTEXT 7­8/2007
Rahmenbedingungen geschaf-
fen werden, die auch dem
Durchschnittsverdiener den
Kauf von Wohneigentum ermög-
lichen. Der Wegfall der Eigen-
heimzulage war diesbezüglich si-
cherlich kontraproduktiv. Auch
die sporadisch geforderte Ver-
mögensteuer wäre ein Schritt in
die falsche Richtung. Um die
Bürger unabhängiger zu ma-
chen, müssen politische Hilfe-
stellungen bei der Altersvorsorge
geboten werden, gerade für
Wohneigentum. Deshalb befür-
wortet die PATRIZIA nachdrück-
lich die Aufforderung des bayeri-
schen Innenministers Günther
Beckstein an die Bundesregie-
rung, Immobilien in die staatlich
geförderte Altersvorsorge einzu-
beziehen. Wenn sich die Men-
schen mit Unterstützung des
Staates Wohneigentum schaffen
können, ist das eine Absicherung
gegen Altersarmut und trägt er-
heblich zum sozialen Frieden in
unserer Gesellschaft bei.
Deutschland ­ Brach-
land bei Wohneigentum
Dass Deutschland in Bezug auf
Wohneigentum noch immer
,,Brachland" ist, haben auslän-
dische Investoren mittlerweile
zur Genüge erkannt. Während
in Spanien 87 Prozent der Men-
schen in den eigenen vier Wän-
den leben, sind es in Deutsch-
land mit 43 Prozent weniger als
die Hälfte. Nur die Schweiz
weist mit 36 Prozent eine noch
niedrigere Wohneigentums-
quote auf. Deshalb kaufen viele
ausländische Investoren vor-
zugsweise in ostdeutschen
Städten ganze Quartiere ­ um
das versteckte Wertsteige-
rungspotenzial einer Immobilie
zu heben.
Sanierte Bestandsob-
jekte bieten Sicherheit
Wer darüber nachdenkt, eine
Immobilie zu erwerben, egal,
ob als Kapitalanlage oder zur
Selbstnutzung, sollte sich auf
das Know-how eines heimi-
schen Investors, der am deut-
schen Markt seit vielen Jahren
tätig ist, verlassen: Dieser kennt
den Markt vor Ort genau und
weiß, worauf beim Kauf einer
Immobilie geachtet werden
sollte. Bevor in Objekte inves-
tiert wird, muss größtes Augen-
merk auf die Begutachtung der
Immobilie vom Keller bis zum
Dachgeschoss gelegt werden.
Nur wenn das erfolgt ist, kann
der Käufer sicher sein, dass er
eine werthaltige Wohnung er-
hält, in die es sich lohnt zu in-
vestieren, um seine Versor-
gungslücke bei der Altersabsi-
cherung zu schließen.
Das Eigentum der Städte
und: Eigentum in der Stadt
Anmerkungen von Christian Ude, Ober-
bürgermeister der Landeshauptstadt
München und Präsident des Deutschen
Städtetags
Eigentum ist schön, vor allem,
wenn man eines hat. Deshalb
waren seit jeher die Besitzenden
für größtmöglichen Schutz des
Eigentums, während Habenicht-
se mehr Wert auf den Schutz ih-
rer sozialen Rechte legen oder
auf Programme der Umvertei-
lung, die auch sie am erwirt-
schafteten Vermögen teilhaben
lassen. Diese unterschiedliche
Interessenslage sollte man sich
immer wieder mal vor Augen
führen. Es geht nicht (nur) um
,,Weltanschauung", sondern
auch um handfeste Interessen.
Der Konflikt sollte aber auch
nicht auf die Spitze getrieben
werden im Sinne eines autano-
nistischen Gegensatzes. Unser
Grundgesetz bringt es wunder-
bar auf den Punkt: In einer frei-
heitlichen Gesellschaft ,,werden
das Eigentum und das Erbrecht
gewährleistet", wie es in Artikel
14 heißt. Aber nicht grenzenlos:
,,Inhalt und Schranken werden
durch die Gesetze bestimmt."
Für den Rechtsstaat sind solche
Schranken konstitutiv, denn
Freiheit kann nicht nur unter die
Räder staatlicher Macht, son-
dern genauso unter die Räder
privater Macht geraten. Die sozi-
ale Marktwirtschaft ist auf Rege-
lungen angewiesen, die dem
Missbrauch privater wirtschaft-
licher Macht gesetzliche Gren-
zen setzen. Andernfalls wäre
Wucher erlaubt und Wettbewerb
oft gar nicht möglich. ,,Eigentum
verpflichtet. Sein Gebrauch soll
zugleich dem Wohle der Allge-
meinheit dienen", heißt es dann
in Absatz 2. Ich erinnere mich so
plastisch, als wäre es gestern ge-
wesen, an eine Rede des Litera-
tur-Nobelpreisträgers Heinrich
Böll vor dem Bundesparteitag
der SPD. Er konfrontierte das
Grundgesetz mit der Verfas-
sungswirklichkeit, wie er sie sah,
und sagte: ,,Eigentum verpflich-
tet. Aber wozu? Zu mehr und im-
mer noch mehr Eigentum." Will
sagen: Die Reichen werden im-
mer reicher, die Armen nur zahl-
reicher. Der Schutz des Eigen-
tums allein garantiert wahrhaftig
noch keine Gesellschaft im sozi-
alen Gleichgewicht.
Aber auch der Umkehrschluss,
die Beschränkungen des Eigen-
tums müssten möglichst riesig
ausgestaltet werden, um die Ar-
men zu schützen, ist falsch. Die-
se Klarstellung ist leider erfor-
derlich, da sich eine neue politi-
sche Partei konstituiert hat, die
der alten Lehre anhängt, man
müsse nur die Wohlhabenden
fesseln und schon gehe es allen
Notleidenden gut. Offensicht-
lich brauchen viele Menschen
nur einen Zeitraum von ein,
zwei Jahrzehnten, um völlig zu
vergessen und zu verdrängen,
welch vernichtende Ergebnisse
sozialistische Planwirtschaft auf
deutschem Boden gezeitigt hat.
Thema Mieterschutz: Er war in
der DDR tatsächlich gewaltig.
Das Ergebnis konnten wir nach
der Wende in Chemnitz, Halle
und Magdeburg, aber auch Jena,
Leipzig und Dresden besichti-
gen: Marode Bausubstanz, wo-
hin man blickte, weil sich
Instandsetzungen oder gar Neu-
investitionen schon jahrzehnte-
lang nicht rechneten. Man traf
keine glücklichen Mieter in
preiswerten Wohnungen, son-
dern verfallene Häuser mit er-
schreckendem Leerstand und
Menschen auf der Flucht in an-
dere Landesteile. Dasselbe Bild
in der produzierenden Wirt-
schaft: Die Fesseln des privaten
Kapitals und die theoretischen
Rechte der Arbeitnehmer spie-
len keine Rolle mehr, wenn sich
keine Abnehmer für die Produk-
te finden lassen, deshalb über-
haupt nicht mehr produziert
wird und aus diesem Grund Ar-
beitnehmer gar keine Arbeit und
überhaupt keine Rechte mehr
im Betrieb haben. Es ist schon
erstaunlich, dass Umfragen zu-
folge schon ein zweistelliger Pro-
zentsatz der Bevölkerung diese
Lektionen verdrängt hat ­ als
könne man Wohltaten verteilen,
ohne sie zuerst einmal zu erwirt-
schaften!
Dass gerade die Ärmsten der Ar-
men auf dieser Welt, die über-
haupt kein Eigentum haben, den
Schutz des Eigentums brauchen,
um wenigstens eine Hoffnung
auf ein besseres Leben entwi-
ckeln zu können, habe ich An-
fang des Jahres in einem der drei
ärmsten Länder der Welt gese-
hen, in einer Elendsregion
Äthiopiens. Ein unverdächtiger
Zeuge, der zornige alte Mann
Karlheinz Böhm, der die Hilfe für
die Ärmsten der Welt zu seinem
Lebensinhalt gemacht hat, er-
zählte mir vor Ort, dass die rei-
chen Industrienationen mit
Spenden zwar Schulen, Kinder-
gärten und medizinische Statio-
nen ermöglichen können, dass
die Bevölkerung aber erst dann
mit einem wirtschaftlichen Auf-
schwung rechnen darf, wenn das
Eigentum geschützt wird. Ob-
wohl keiner ein Eigentum hat.
Aber ohne Schutz des Eigentums
werden sich keine Investoren
finden lassen, die Geld in den
Aufbau des Landes, in Gebäude
und Betriebe stecken. Es geht
immer wieder darum, ein ausge-
wogenes Verhältnis von Schutz
des Eigentums und Schutz
vor Missbrauch wirtschaftlicher
Macht zu finden. Das gilt im
Weltmaßstab, wenn die interna-
tionalen Finanzmärkte allmäch-
tig und undurchsichtig werden
und Hedgefonds mit dem
Schicksal ganzer Regionen spie-
len können, es gilt aber auch vor
Ort, in der eigenen Stadt, wo der
Schutz des Eigentums zu Inves-
titionen im Betrieb und Woh-
nungsbau einlädt und der
Schutz von Arbeitnehmer- und
Mieterrechten den sozialen Frie-
den sichert (so lange die Bereit-
schaft zu Investitionen nicht
schwindet, was die vermeintlich
leichte Aufgabe zu einer schwie-
rigen Gratwanderung macht).
Für viele Stimmen aus der Wirt-
schaft, auch aus dem Handwerk,
ist Schutz des Eigentums gleich-
bedeutend mit der Parole ,,Privat
vor Staat". Ich halte diese Gleich-
setzung für einen schrecklichen
Irrtum und stimme lieber dem
Vorsitzenden des Bayerischen
Städtetags, dem Regensburger
CSU-Oberbürgermeister Hans
Schaidinger zu, der in der Diskus-
sion um Netzentgelte vor einer
,,schleichenden Enteignung der
EIGENTUM SCHÜTZEN ­ EIGENTUM FÖRDERN
Vernichtende Ergebnis-
se sozialistischer Plan-
wirtschaft
Ohne Schutz des Eigen-
tums kein wirtschaft-
licher Aufschwung
In einer freiheitlichen
Gesellschaft ,,werden
das Eigentum und das
Erbrecht gewährleistet"
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10
KLARTEXT 7­8/2007
wird es künftig nur geben, wenn
neben den vier Elefanten auch
kommunale Werke existieren!
Auf dem jüngsten Deutschen
Städtetag habe ich es so formu-
liert: ,,Ohne Stadtwerke kein
Wettbewerb!" Und diese Aussage
stimmt, auch wenn die Stadtwer-
ke früher unbestreitbare Mono-
polisten waren, in dieser Zeit Fett
ansetzen konnten und mit Wett-
bewerb nichts am Hut hatten.
Jetzt sind sie dem Wettbewerb
ausgeliefert. Dieser Prozess ist
unumkehrbar, aber ohne Stadt-
werke sind die großen Vier unter
sich. Bundeskanzlerin Angela
Merkel hat sich zwar nicht zu
konkreten Zusagen hinsichtlich
der Netzentgelte gewinnen las-
sen, aber doch die allgemeine
Aussage über die Stadtwerke be-
kräftigt: Man könne nicht den
Wettbewerb fördern, indem man
Wettbewerber beseitigt. Das ist
doch mal eine neue Perspektive:
Freunde des Eigentums und des
marktwirtschaftlichen Wettbe-
werbs, engagiert euch für die
Chancen eurer Stadtwerke! Wenn
Stadtwerke auf dem Altar von
Konzerninteressen geopfert wer-
den, wäre dies wirklich eine Ent-
eignung der Bürgerschaft und
überdies eine Weichenstellung in
Richtung ,,Oligarchie statt Wett-
bewerb". Auch Handwerksbe-
triebe, die kommunale Werke ge-
legentlich als lästige Konkurrenz
um Aufträge empfinden, sollten
die Alternativen bedenken! Wenn
die Stadtwerke, die stets be-
sonders standorttreu sind und
mit dem örtlichen Handwerk ko-
operieren, vom Markt verschwin-
den, dann werden sich eben die
großen Vier mit ihren ,,Paketlö-
sungen" für Stromkunden durch-
setzen! Mit entsprechenden An-
geboten sind sie ja schon längst
am Markt.
Und wie sieht es mit dem Ei-
gentum in der Stadt aus? Natür-
lich haben die Städte ein Inte-
resse daran, dass es möglichst
viel davon gibt und möglichst
breit gestreut ist. Möglichst viel,
weil nur eine vermögende
Stadtgesellschaft kulturelle An-
gebote und auch soziale Ein-
richtungen und Dienste finan-
zieren kann, und möglichst
breit gestreut, weil sonst die
Stadtgesellschaft auseinander-
driftet in Superreiche einerseits
und Heerscharen von Habe-
nichtsen andererseits. Der
Wunsch nach möglichst breiter
Streuung von möglichst viel Ei-
gentum gilt für Produktivver-
mögen genauso wie für Immo-
bilienbesitz. Produktivvermö-
gen soll breit gestreut sein,
damit möglichst viele teilhaben
am Produktivitätszuwachs und
damit möglichst viele unter-
nehmerisch tätig sein können:
Handwerksbetriebe, kleine und
mittlere Unternehmen sind
ganz anders als die Global-Play-
er besonders standorttreu, be-
sonders beschäftigungsintensiv
und gekennzeichnet durch per-
sönliche Beziehungen zwischen
Arbeitgeber und Arbeitnehmer,
die auch einmal Durststrecken
ohne Kündigungen überwin-
den. Breit gestreutes Eigentum
im Immobilienbereich bedeu-
tet soziale Sicherheit für viele.
So weit alles klar. Aber bedeutet
dies auch, dass die Veräuße-
rung von Wohnungsbeständen,
sei es der öffentlichen Hand,
sei es von großen Versiche-
rungskonzernen, ein Fortschritt
wäre? Da ist Vorsicht ange-
bracht. Hier sollten erst die so-
zialen Verhältnisse aufmerk-
sam studiert werden, ehe eine
Abwägung erfolgt. Einerseits:
Wenn eine Stadt wie Dresden
oder ein Münchner Konzern di-
rekt oder auf dem Umweg über
einen Zwischenerwerber an
viele Erwerber verkauft, führt
dies zu breiterer Streuung von
Wohnungseigentum und könn-
te somit begrüßenswert sein.
Andererseits: Hier wird viel
Geld investiert, ohne dass eine
einzige neue Wohnung ent-
steht. Erwerber versuchen, den
hohen Kaufpreis durch zusätz-
liche Mieterhöhungen, Sanie-
rungsmaßnahmen oder Weiter-
verkäufe wieder hereinzube-
kommen. Mieter, die sich ihrer
Kommunen" gewarnt hat. Wie
das?! Enteignung der Kommu-
nen? Geht es bei ,,Enteignung"
nicht immer um öffentliche An-
griffe auf privates Vermögen?
Nicht zwangsläufig. Auch Kom-
munen haben Vermögen. Oft-
mals hat die Bürgerschaft es in
vielen Jahrzehnten aufgebaut.
Zum Beispiel die Energiewerke
der Kommunen, die Verkehrsge-
sellschaften mit Fuhrpark und
Werkstätten, die Müllentsorgung,
die Sparkassen als ,,Bank der
Stadt", die gerade in Bayern vor-
bildliche Wasserversorgung, aber
auch Krankenhäuser und Alten-
heime und große Wohnungsbe-
stände, allein in München 50.000
Wohnungen. All diese Einrich-
tungen der kommunalen Da-
seinsvorsorge gehören den Kom-
munen, also der Bürgerschaft. Sie
sind wie jede menschliche Ein-
richtung nicht unfehlbar, aber
dem öffentlichen Wohl verpflich-
tet: Stadtwerke gewährleisten die
Versorgungssicherheit, mehr-
stündige Stromausfälle wie im
Hightech-Land Kalifornien sind
undenkbar. Wasserwerke bieten
höchste Qualität zu bestem Preis,
nirgendwo steht zu befürchten,
dass ein Drittel des Trinkwassers
im Boden versickert wie beim
Londoner Privatunternehmen
Thames Water oder dass die Prei-
se explodieren wie in Frankreich
nach der Privatisierung. Die Ver-
kehrsbetriebe halten soziale und
ökologische Standards ein, pi-
cken nicht Rosinen aus dem Pro-
gramm des Nahverkehrs heraus
und zahlen ihre Busfahrer nicht
so schlecht, dass sie am Wochen-
ende Fußballfans quer durch
Deutschland kutschieren müs-
sen. Die Krankenhäuser der öf-
fentlichen Hand bieten Vollver-
sorgung und nicht Spezialisie-
rung auf ein paar besonders
lukrative Krankheitsbilder, womit
sich freilich leichter schwarze
Zahlen schreiben lassen. Und so
fort. Öffentliche Unternehmen
stehen im Eigentum der Bevölke-
rung und der Schutz des Eigen-
tums muss für sie genauso gelten
wie für private Aktionäre. Dabei
will ich gar nicht bestreiten, dass
auch Unternehmen der Öffent-
lichen Hand gelegentlich Ver-
druss bereiten, nicht immer so
transparent und kundenfreund-
lich und sozial eingestellt sind,
wie wir es erwarten möchten.
Aber trotzdem sollte man die zen-
tralen Unterschiede nicht überse-
hen: Stadtwerke wie Sparkassen
gewährleisten nicht nur die Ver-
sorgung mit Strom, Gas, Wasser,
Fernwärme, Bädern sowie finan-
zielle Dienstleistungen, sie sind
auch vorbildliche Arbeitgeber
und Ausbilder, sie räumen der
Steuervermeidung nicht höchs-
ten Rang ein und zahlen üppig
Gewerbesteuer, sie sind die gro-
ßen Sponsoren für soziale, sport-
liche und kulturelle Aktivitäten
und schütten ihre Gewinne ans
Stadtsäckel aus, also an uns alle
und nicht nur an Aktionäre; die
Stadtwerke finanzieren überdies
noch im Wege des ,,kommunalen
Querverbunds" das preisgünstige
Angebot des öffentlichen Perso-
nennahverkehrs mit.
Aus allen diesen Gründen sollte
die Bürgerschaft ein Interesse
daran haben, öffentliche Unter-
nehmen der Daseinsvorsorge zu
erhalten und nicht zu ruinieren.
Wenn Stadtwerke als Netzbetrei-
ber künftig kein ausreichendes
Entgelt mehr bekommen, um ihr
Netz in Schuss zu halten und die
laufende Instandsetzung zu fi-
nanzieren, bedeutet dies einen
Verfall von Vermögenswerten
und einen Zwang zur Veräuße-
rung. Und wer wird wohl kaufen?
Richtig! Einer der großen Vier,
also Vattenfall oder REW, E.ON
oder EnBW. Und dann ist auf
wundersame Weise sicherge-
stellt, dass die Parole ,,Privat vor
Staat" für die weitere Zukunft die
Entstehung marktwirtschaft-
licher Verhältnisse verhindert.
Auch wenn es manchem eine in-
tellektuelle Anstrengung abver-
langt, von liebgewordenen Kli-
schees Abstand zu nehmen:
Wettbewerb im Energiebereich
Das Anliegen des Bundes der Steuerzahler ,,Eigentum schützen ­
Eigentum fördern" war ein von Präsident Rolf von Hohenhau an-
gesprochenes Schwerpunktthema des Meinungsaustauschs mit
Oberbürgermeister Christian Ude im Münchner Rathaus.
EIGENTUM SCHÜTZEN ­ EIGENTUM FÖRDERN
Öffentliche Unterneh-
men stehen im Eigen-
tum der Bevölkerung ­
der Schutz des Eigen-
tums muss für sie ge-
nauso gelten wie für
private Aktionäre
Die Städte haben ein
Interesse daran, dass
es möglichst viel Eigen-
tum gibt, das möglichst
breit gestreut ist
background image
11
KLARTEXT 7­8/2007
angemieteten vier Wände vor-
her sicher fühlten, müssen über
kurz oder lang Kündigungen
wegen Eigenbedarfs befürch-
ten. In den Wohnungsneubau
wird derweil immer weniger in-
vestiert, obwohl Baurechte und
sogar Baugenehmigungen mas-
senhaft auf Halde liegen.
Innenminister Beckstein be-
klagte jüngst einen Rückgang
des Wohnungsbaus in Bayern
um 48,5 Prozent in einem einzi-
gen Jahr ­ während zur gleichen
Zeit Bestandspakete den Besit-
zer wechselten wie noch nie.
Deshalb bleibe ich dabei, auch
wenn es ,,eigentumsfeindlich"
klingen mag: Mietwohnungsbe-
stände von Kommunen oder
großen Unternehmen sollten
nicht versilbert werden, sondern
Mietwohnungen bleiben und
auf dem Wohnungsmarkt ent-
sprechend angeboten werden.
Eine möglichst große Streuung
des Eigentums auch auf dem
Immobiliensektor sollte erreicht
werden durch Förderung des
Wohnungsneubaus, der tatsäch-
lich zusätzlichen Wohnraum
schafft und nicht nur bestehen-
den Wohnraum verteuert. Na-
türlich kann eine solche Förde-
rung des Wohnungsneubaus
nur in Regionen begründet wer-
den, die tatsächlich unter Woh-
nungsmangel leiden und wach-
sende Nachfrage aufweisen ­ in
Regionen mit massenhaftem
Leerstand wäre es ein Schild-
bürgerstreich, Ausweitungen
des Angebots auch noch mit öf-
fentlichem Geld zu subventio-
nieren. Eine Konzentration auf
Gebiete mit erhöhtem Woh-
nungsbedarf wäre auch unter
Gesichtspunkten der Gerechtig-
keit geboten, denn in den
Wachstumsregionen sind die
Immobilienpreise und die Mie-
ten am höchsten ­ und sie tref-
fen alle Bevölkerungsgruppen,
die leider nicht alle an der höhe-
ren Kaufkraft pro Kopf teilha-
ben. Eigentumsförderung sollte
gezielt auf soziale Probleme ant-
worten und nicht die Mittel mit
der Gießkanne im ganzen Land
verteilen.
EIGENTUM SCHÜTZEN ­ EIGENTUM FÖRDERN